Dienstag, 24. Juni 2008

Hare Krishna, Basar und Bowling

Schon ist meine zweite Woche in Bangalore vergangen. An den Wochentagen habe ich nichts besonderes unternommen. Montag war ich mit Abhinav und einem Freund von ihm im Kino und hab mir The Happening angeschaut. Der Regisseur und Autor M. Night Shyamalan ist ja Inder, deshalb war es recht einfach, ein Kino zu finden, wo er lief. Ansonsten ist das bei westlichen Filmen nicht unbedingt selbstverständlich, denn die meisten Leute hier bevorzugen die Hindi-Filme aus Bollywood. Der Film war an sich ganz nett, allerdings auch kein Meisterwerk.

Ich habe mich dann tatsächlich entschlossen, am Samstag in aller Frühe meinen Kollegen Varun zum Tempel der International Society of Krishna Consciousness (ISKCON) zu begleiten. Weil der am komplett anderen Ende der Stadt liegt, hätten wir im normalen Verkehr ungefähr zwei Stunden dorthin gebraucht, deshalb hat Varun mich schon um 6 Uhr abgeholt. Im Tempel haben wir dann einer hinduistischen Zeremonie beigewohnt, was sehr interessant war. Es gab viel Räucherstäbchen, Mantras wurden rezitiert, man musste viermal um das Innere des Tempels herumlaufen und alles mögliche mehr. Insgesamt war es eine sehr interessante Erfahrung und hat auch dadurch, dass es so früh war, ganz entspannend gewirkt. Danach waren wir noch was frühstücken und dann bin ich mit einer Rikscha zum City Market, auch bekannt als Krishnarajendra Market, gefahren.

Das war auch ziemlich interessant: Hier war ein zweites, völlig anderes Stadtzentrum von Bangalore, dass ich noch nicht kannte. Der Markt ist in einem der größten muslimischen Viertel der Stadt und gleicht einem Basar, wie ich ihn in einer Stadt wie Kairo oder Teheran erwartet hätte. Es gab eine große Markthalle und in vielen Gassen drumherum zahllose Stände die alles Mögliche angeboten haben. Alles war leicht verkommen und schmutzig, in einigen Gassen auch SEHR verkommen und schmutzig und je nachdem was verkauft wurde und wieviele Überreste davon so auf dem Boden rumlagen, war der Geruch auch nicht so angenehm. Meine Fotos geben hauptsächlich die angenehmeren Seiten des Marktes wieder, aber wenn man sich die Haufen von Papayas, Zuckerrohr und Kokosnüssen vorstellt und sich überlegt, dass alle Überreste davon auf dem Boden liegenbleiben (auf dem die meisten Händler auch ihre Waren ausgebreitet haben), kann man sich wohl ein Bild machen. Lustig war auch der Händler, der mit einem großen Schild vor dem Bauch, auf dem tote Ratten aufgemalt waren, Rattengift beworben hat. Alles in allem war der Markt nicht unbedingt ein Ort, wo ich mich wohl genug gefühlt habe, um tatsächlich was zu kaufen, oder lange dort zu bleiben. Aber es war auf jeden Fall interessant, dieses ganz andere Bangalore mal zu sehen, vor allem weil alles sehr altertümlich gewirkt hat, als ob schon seit hunderten von Jahren Leute aus der Umgebung zum Markt kämen und immer an derselben Stelle ihre Sachen ausbreiteten.

Am frühen Nachmittag hab ich mich dann mit einer Rikscha auf den langen Heimweg gemacht. Mit den Rikschafahrern in Bangalore ist es immer so eine Sache: Eigentlich sind sie gesetzlich verpflichtet, einen Taxameter zu verwenden, aber sie weigern sich ziemlich oft, den anzuschalten und wollen stattdessen im Voraus einen Preis aushandeln, z.B. wenn sie meinen, dass der Verkehr unverhältnismäßig schlimm ist, man in eine abgelegene Gegend will, oder sie denken "Ah ein Weißer, den kann man über'n Tisch ziehen". Bei mir trafen wohl alle drei Kriterien zu und der Rikschafahrer wollte 400 Rupien haben, um mich ins Gästehaus zurückzubringen. Mit Taxameter hätte es wohl ca. 80-100 gekostet, aber andererseits ist das auch wirklich etwas außerhalb und der Verkehr war nicht der Hit; die Fahrt hat gut eine Dreiviertelstunde gedauert. Da ich ja aber auch so langsam lerne, wie die Sachen hier laufen, hab ich ganz frech 200 Rupien angeboten, sodass wir uns dann auf 300 einigen konnten.

Im Gästehaus hab ich erstmal ein bisschen Schlaf nachgeholt und mich dann abends mit Abhinav und seinem Kumpel Abhishek (der auch bei SAP arbeitet) getroffen. Wir sind dann Bowling spielen gegangen und waren danach in einem Restaurant namens Barbecue Nation, wo man alle möglichen Fleischgerichte selber am Tisch fertig grillen konnte. Das war richtig lecker und mit umgerechnet 8 Euro für All-you-can-eat auch nicht wirklich teuer. Am Sonntag war ich dann wieder mit Ahinav und Abhishek unterwegs und zwar in Wonder La, einem Vergnügungspark mit allen möglichen Rides. War auch ziemlich unterhaltsam, aber bei einigen Sachen ist man etwas nass geworden und jetzt hab ich Halsweh. Wird aber nichts ernstes, glaube ich.

Seit gestern abend werde ich jetzt nicht mehr vom Fahrer abgeholt und zur Arbeit gebracht, sondern fahre mit dem SAP-eigenen Shuttle. Dadurch habe ich jetzt auch endlich einige von den anderen deutschen Kollegen getroffen, die hier im Gästehaus wohnen; hauptsächlich Studenten, die hier für ein mehrmonatiges Praktikum sind. Morgen abend werde ich mit denen zusammen mal das Fußballspiel anschauen und am Wochenende werden wohl auch einer oder zwei von denen mit mir nach Mysore fahren. Das war's für's erste mal wieder... vielen Dank für's Lesen.

PS: Neue und alte Fotos gibt's jetzt auf Flickr, weil Photoshop Express doch nicht so cool war, wie ich dachte. Bei Flickr kann man wenigstens auch längere Bildunterschriften lesen.

Donnerstag, 19. Juni 2008

Erste Erfahrungen in Bengaluru

Seit einer Woche bin ich jetzt in Bengaluru (besser bekannt als Bangalore) in Südindien um zusammen mit meinen Kollegen und Kolleginnen Bindiya, Abhinav, Varun und Ezhil Software zu entwickeln. Montag abend bin ich am neuen Flughafen in Bangalore angekommen, der erst Ende Mai in Betrieb gegangen ist. Dafür hat eigentlich alles wunderbar geklappt: Flug war einigermaßen pünktlich, Koffer ging nicht verloren, Fahrer war da, um mich abzuholen, Geldautomat gab mir druckfrische Rupien... alles prima. Vom neuen Flughafen fährt man allerdings ca. eine Stunde bis zum Stadtrand, sodass ich erst um kurz vor 3 Uhr Ortszeit im Gästehaus ankam. Auf der Fahrt dorthin dachte ich anfangs noch wegen des guten Straßenzustands und der relativ gesitteten Fahrweise: "Ach, hier könnte ich auch fahren". Je näher wir allerdings der Stadt kamen, desto wilder wurde der Verkehr. Nachdem ich jetzt eine Woche hier unterwegs war, muss ich sagen, dass ich hier am Steuer eines Autos keine 5 Minuten überstehen würde, ohne einen Unfall zu bauen.

Die Unterkunft im Gästehaus ist eigentlich prima, das Apartment wird jeden Tag saubergemacht, das Schlafzimmer ist klimatisiert und wenn ich meine Schmutzwäsche einfach im Zimmer liegen lasse, liegt sie am nächsten Tag gewaschen und gebügelt auf dem Bett, wenn ich wiederkomme. Essen gibt es hier abends auf Wunsch auch. Ich habe das zwar erst zweimal in Anspruch genommen, aber da war es eigentlich ganz gut. Normalerweise gibt es indisches Essen, aber sie haben mich auch schon gefragt, ob ich was 'westliches' haben will. Das einzige, was am Gästehaus nicht so der Hit ist, ist dass ich hier im Moment ziemlich alleine bin. Das Apartment hat drei Schlafzimmer und davon ist nur meines belegt. Ich hatte eigentlich gehofft, hier evtl. den einen oder anderen Kollegen zu treffen, der auch für eine längere Zeit hier ist, aber bisher hatte ich da kein Glück. Es wäre halt schon gut, jemanden zu haben, mit dem man die Gegend ein wenig erkunden kann. Alleine geht das zwar auch, macht aber eben nur halb so viel Spaß.

Bei der Arbeit versuche ich seit meiner Ankunft irgendwie, zwei Arbeitstage in einem unterzubringen: Vormittags mache ich die Sachen, die ich in Deutschland machen würde und nachmittags arbeite ich mit meinen indischen Kollegen an neuen Themen. Anfangs war das ganz schön anstrengend, aber so langsam pendelt es sich ein bisschen ein. Die Kollegen sind alle sehr nett und bisher klappt die Zusammenarbeit auch prima. Insbesondere meine Kollegen Abhinav und Varun beteiligen sich netterweise auch an meiner Freizeitgestaltung, z.B. war ich schon bei Abhinav zum Fußball gucken und bei einem Freund von Varun zum Musik machen eingeladen.

Letztes Wochenende bin ich am Samstag erstmal mit einer Autorikscha (DAS Transportmittel in Bangalore) in die Stadt gefahren und hab mich dort ein bisschen umgesehen. Sonntag bin ich zum Bangalore Palace gefahren, der allerdings nicht sehr spektakulär war. Nicht besonders alt (ca. 100 Jahre) und hauptsächlich mit Fotos aus dem letzten Jahrhundert gefüllt: Der König bei der Elefantenjagd, der König bei einem Fest, der König in seinem neuen Auto, der König im Urlaub in China usw. Die Einrichtung vom Palast ließ dabei weniger auf einen orientalischen Herrscher schließen als auf jemanden, der im letzten Jahrhundert lebte, mehr Geld als Geschmack hatte und eine Vorliebe für mittelmäßige Aktgemälde. Fotos gibt es leider nicht, denn der König verlangt pro Foto auf dem Palastgelände 500 Rupien (ca. 8 Euro - kein Scherz).

Dieses Wochenende will ich wahrscheinlich den City Market und den botanischen Garten besuchen, damit hätte ich dann glaube ich schon alle Sehenswürdigkeiten in Bangalore selber abgehakt. Die Stadt ist leider mehr für den IT-Boom und ihr Nachtleben (was auch nicht wirklich europäischen Standards entspricht) bekannt, als für historische Gebäude oder Ähnliches. Varun hat mich noch gefragt, ob ich Samstag morgen mit zum Krishna-Tempel kommen will. Hört sich auch interessant an, aber er und sein Kumpel wollen schon so um 6.30 Uhr los. Mal schauen.

PS: Fotos gibt's hier.